Corona und wirUnser Stadtteil verödet!
Suderwich ist ein Stadtteil von Recklinghausen. Vorsitzender des entsprechenden SoVD-Ortsverbands ist Friedhelm Stickel, der zugleich stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands Recklinghausen ist. Hier erzählt er davon, wie sich seine Umgebung in den letzten Jahren verändert hat und was ihm Sorgen bereitet. Es geht vor allem um das große Thema Einsamkeit.
Früher haben wir älteren Leute uns viel mehr gesehen, zum Beispiel auf dem Platz vor der Bankfiliale. Da kam man ins Gespräch, besorgte sich einen Kaffee und ein Brötchen, ging vielleicht sogar noch gemeinsam einkaufen oder spazieren, es war immer was los. Diese Geselligkeit vermisse ich fürchterlich und bin zumindest damit nicht alleine. Seit zwei Jahren plagen wir uns mit dieser Pandemie herum. Die Impfungen sind wichtig, die Masken, die Vorsicht – alles richtig. Vor einem haben uns diese Maßnahmen aber nicht bewahren können: vor Einsamkeit. Wir gehen viel weniger aus dem Haus, treffen kaum noch andere. Wenn überhaupt jemand auf der Straße ist in meiner Altersklasse, dann kann man fest davon ausgehen, dass derjenige oder diejenige gerade auf dem Weg zum Arzt ist. Unser Stadtteil verödet! Das Beispiel mit der Bankfiliale zeigt, dass das auch nicht nur an Corona liegt. Um zur nächstgelegenen Bankfiliale zu kommen, muss man jetzt in die Bahn steigen, vier Stationen sind es bis dorthin und das Ganze kostet locker 7 Euro. Die Leute erfahren weniger, bekommen weniger mit, was ebenfalls ein Gefühl der Einsamkeit verursacht. Dann kommt noch hinzu, dass sich so mancher die früher übliche Tageszeitung spart, natürlich aus finanziellen Gründen. Ich hoffe, dass die Politik diese Probleme erkennt und dafür sorgt, dass unsere Städte so entwickelt werden, dass hier wieder mehr Lebensqualität und Aufenthaltsqualität entsteht und dabei die Älteren mitgedacht werden. Wir brauchen Plätze, wo man sich begegnen kann, verweilen möchte. Ich habe deshalb auch eine Ortsbegehung mit einer Landtagsabgeordneten geplant, die hier ihren Wahlkreis hat.
Auch die jüngeren Menschen mussten sich in den letzten zwei Jahren einschränken, da gab es auch viel Einsamkeit und Frust, da bin ich mir sicher. Aber die jungen Leute wissen zumindest, wie man eine Lieferservice-App bedient, mit dem Smartphone zahlt und mit dem Leihroller mal kurz in den anderen Stadtteil düst. So mobil sind wir eben nicht mehr. Für uns sind die Kaffee-Kränzchen wichtig, die Gemeinschaft. Da geht es um viel mehr als Kaffee oder notwendige Besorgungen für den täglichen Bedarf. Bei uns im SoVD-Ortsverband kamen vor Corona locker 70 Leute und mehr zu unseren Versammlungen. Wir haben das Glück, dass wir in der Gesamtschule Suderwich quasi unsere Außenstelle haben, da finden unsere Treffen statt. Wir können da sogar unsere SoVD-Utensilien lagern und ab 16 Uhr den Lehrerparkplatz nutzen, einfach toll. Ich hoffe, dass wir bald zu diesen Zeiten zurückkehren können und wieder für mehr Geselligkeit und weniger Einsamkeit sorgen können. Das gehört schließlich zu unseren Aufgaben als Sozialverband. Ich bin mir auch sicher, dass wir, sobald das Wetter wieder schön ist und man sich draußen auf Abstand treffen kann, wieder zusammenkommen können. Im Garten, bei einer guten Tasse Kaffee, gemeinsam statt einsam. Danke, dass ich das alles an dieser Stelle mal loswerden durfte. Passt auf euch auf!
Aufgezeichnet und zusammengefasst von Matthias Veit
Foto: Friedhelm Steckel – Bildrechte: Helmut Etzkorn